Indonesien: Trauma- und Bildungs-Workshops für Pädagoginnen

Pädagoginnen lernen u. a., ihre eigenen Traumata zu überwinden (Quelle: AMURT)

Erst kam das Erdbeben, danach der Tsunami. In Indonesien ist aktuell vor allem der Palu-Distrikt krisengebeutelt. Um dem gemeinsam entschlossen entgegenzuwirken, bietet unsere Partnerorganisation AMURT ab sofort Workshops und psychosoziale Unterstützung an. Das Ziel: Insgesamt 600 Grundschullehrerinnen und Kindergärtnerinnen mental zu unterstützen. Der Pilotworkshop stieß auf sehr großes Interesse. Offizielle des Bildungsministeriums im Palu-Distrikt arrangierten spontan eine Ausweitung der Schulungen.

Text: Lukas Leßmann und Kurt Andersson/AMURT

Nach dem schweren Erdbeben und dem Tsunami in Indonesien fehlt es den Menschen an allem: 300.000 Überlebende sind ohne Obdach, 67.310 Häuser sind unbewohnbar. 2.700 Schulen sind beschädigt, dazu kommen 20 wichtige Gesundheitseinrichtungen. Auch die Wasserversorgung ist außer Funktion.

Schnell wird da vergessen, dass die Katastrophe auch bei den Menschen Spuren hinterlassen hat, die nicht sofort sichtbar sind. Psychische Belastungen und Stress haben auf lange Sicht gesehen negative Auswirkungen auf die betroffenen Menschen. Ohne eine ernsthafte Aufarbeitung der Geschehnisse drohen Depressionen oder sonstige psychisch langfristige Störungen. Es ist daher unerlässlich, die Menschen dabei zu unterstützen, das Erlebte zu verarbeiten. Nur so kann möglichst bald wieder der Alltag einkehren, und die Menschen können wieder ihren Berufen nachgehen. Berufen wie z. B. Lehrerin oder Kindergärtnerin.

„Wenn ich jemals vergessen habe, warum wir tun, was wir tun – heute wurde es mir neu bestätigt“

Und genau an diesem Punkt hat AMURT Indonesien im Palu-Distrikt eine Lücke entdeckt: Keine Organisation kümmerte sich um Pädagoginnen, die kleine Kinder betreuen. Es liegt auf der Hand, dass vor allem in diesen Berufsgruppen eine intensive psychologische Betreuung notwendig ist. Schließlich wird von ihnen nicht nur erwartet, selbst mit den eigenen Folgen der Naturkatastrophen umzugehen – vielmehr tragen sie auch die Verantwortung für traumatisierte Kinder in der Region. Bislang hatten Lehrerinnen und Erzieherinnen selbst jedoch keinerlei Trauma-Behandlung erhalten. Es fehlte zudem an Organisationen, die ihnen zeigten, wie sie mit traumatisierten Kindern umgehen sollten.

Ein zweitägiges Pilottraining unseres Partners zu Kinderrechten, Einführungen zum Thema Trauma, Selbstversorgung und behutsamen, traumalösenden Übungen, kam bei allen Teilnehmerinnen sehr gut an. Schon jetzt sind erste Erfolge zu erkennen: „Was für eine Verwandlung! Wenn ich jemals vergessen habe, warum wir tun, was wir tun, wurde es mir heute neu bestätigt“, schwärmt Karl Andersson, Koordinator der weltweiten humanitären Hilfe von AMURT. „Bei ihrer Ankunft waren die Lehrerinnen niedergeschlagen und voller Sorge über ihr Leben, ihre Familien, ihre Kindergärten und Schulen. Am Ende des Tages konnten die Frauen schon wieder singen, lachen und tanzen.“

Frauen sitzen auf dem Boden und blättern in ihren Unterlagen (Quelle: AMURT)
Der Kindernothilfepartner AMURT bietet als einzige Organisation Workshops an, in denen Frauen lernen, mit traumatisierten Kindern umzugehen (Quelle: AMURT)
Der Erfolg machte das Bildungsministerium in Indonesien aufmerksam

Das Pilotprojekt stellt dabei offensichtlich erst den Beginn einer hoffentlich langen Erfolgsgeschichte dar: Der Mitarbeiter aus dem Bildungsministerium des Palu-Distrikts arrangierten umgehend AMURT-Workshops an verschiedenen Standorten für die nächsten zehn Tage. So können bereits jetzt insgesamt 600 Pädagoginnen geschult werden.

AMURT Indonesien plant daran anschließend einen einmonatigen Zurück-in-die-Schule/in-die-Kita-Workshop für ebenfalls rund 600 Lehrerinnen und Kindergärtnerinnen – 80 Prozent von ihnen haben an dem Trauma-Workshop teilgenommen. Dort lernen sie – übergangsweise, bis Schulen und Kindergärten wieder eröffnen – Aktivitäten wie in unseren Kinderzentren abzuhalten: mit Lernangeboten, Spielen, Singen, Tanzen, Sport, Malen.

 

 

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Autor: Kindernothilfe e.V.

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