Weibliche Genitalverstümmelung (abgekürzt FGM = Female Genital Mutilation) ist eine schwerwiegende Verletzung der Rechte von Frauen und Mädchen. Über 200 Millionen Betroffene gibt es laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Seit Jahren kämpfen wir gegen diese unmenschliche und lebensbedrohliche Praxis an. Eines unserer Schwerpunktländer ist Somaliland, wo FGM weit verbreitet ist. Vier Beispiele aus Projekten unserer Partner NAFIS – Network Aginst FGM in Somaliland und CLHE – Candlelight For Health Education and Environment zeigen, was Aufklärung bewirken kann.
Mehr als 98 Prozent der Mädchen und Frauen in Somaliland sind beschnitten. Verantwortlich dafür ist eine tief verwurzelte Tradition, weshalb die Menschen glauben, dass Nichtbeschnittene unrein seien und nicht verheiratet werden könnten. Viele Betroffene leiden ein Leben lang unter massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Genitalverstümmelung, die sogar zum Tod führen können. Weitere Folgen des grausamen Rituals sind erhöhte Risiken bei der Geburt und schwere Traumata. Um einen Bewusstseinswandel herbeizuführen, braucht es beharrliche Aufklärung. In dieser Hinsicht verzeichnen unsere Partner Erfolge, die Mut machen.
„Meine Töchter werden nicht beschnitten!“
Hamda Ismail Ali aus Hargeisa musste die Genitalverstümmelung bereits mit neun Jahren über sich ergehen lassen. Seit ihrem elften Lebensjahr litt sie an schweren medizinischen Folgeproblemen. Trotzdem glaubte die heute 42-Jährige, „meine Töchter würden nicht heiraten können, wenn ich sie nicht beschneiden ließe, und falls doch, würden sie zu mir zurückgeschickt“. Doch dann kam sie in Kontakt zu unserem Partner NAFIS, der ihr eine medizinische Behandlung in einem Krankenhaus ermöglichte. Die Operation war ein Erfolg, sie hat seitdem keine Schmerzen mehr. Und was fast noch wichtiger ist: Sie überzeugt nun andere Frauen in ihrem Dorf, gegen FGM aufzubegehren, und geht selbst als Vorbild voran. „Meine Töchter“, sagt sie entschieden, „werden nicht beschnitten!“
Auch Muuse Mohamed, 65 Jahre alt und Dorfvorstand in Shaarmarke, einem Dorf mit etwa 2.000 Einwohnern, hat die Kampagnenarbeit von NAFIS erreicht. Heute organisiert er selbst ehrenamtlich große Treffen in seinem Dorf und klärt die Versammelten über die Folgen von FGM auf. Inzwischen sind traditionelle Geburtshelferinnen, die Genitalverstümmelungen durchführen, in Shaarmake nicht mehr willkommen. Ein Großteil der Dorfgemeinschaft steht weiblicher Genitalverstümmelung ablehnend gegenüber und arbeitet zusammen, um alle Formen von FGM vollständig abzuschaffen.
„Stoppt Genitalverstümmelung jetzt!“
Hafsa Farah Saed, eine junge soziale Aktivistin und angehende Hebamme, engagiert sich gleich auf zwei Ebenen für Mädchen und junge Frauen. Schon seit frühesten Teenager-Tagen macht sie gegen die Unsitte der Frühverheiratung Front, die jungen Mädchen das Recht auf Bildung nimmt. Außerdem wendet sie sich vehement gegen jede Art von geschlechtsspezifischer Gewalt, insbesondere FGM. Unterstützung erhält sie von unserem Partner CLHE. Ihre Position ist unmissverständlich: „Ich stehe für null Toleranz gegenüber FGM und weiß, dass ich alles erreichen kann, egal wie groß der Widerstand ist!“
Ahmed Nour ist Student der Gesundheitswissenschaften an der Universität von Buroa und Generalsekretär der dortigen Studentenvertretung. Er musste miterleben, wie eine seiner Cousinen an den Folgen der FGM starb. Seitdem hat er sich dem Kampf gegen die weibliche Genitalverstümmelung verschrieben, auch wenn er weiß, dass das eine Lebensaufgabe ist. „Ich studiere, weil ich all denen helfen will, die keine Stimme haben und rechtlos sind!“