2016 traf Hurrikan „Matthew“ die nordwestliche Küste von Haiti besonders schlimm. Unter den unzähligen zerstörten Gebäuden der Region befand sich auch die zuvor im Ort Anse Rouge errichtete Saline zur Salzgewinnung. Die Kindernothilfe und AMURT, eine ihrer Partnerorganisationen in Haiti, bauten mit Familien und Selbsthilfegruppen die gesamte Anlage wieder auf. Im November erwartet das Dorf die erste Salzernte – inklusive einem ganz besonderen Salzkristall, der Hoffnung macht.
Text: Erhard Stückrath, Manager Humanitarian Assistance
Vor etwa zwei Jahren wütete Hurrikan „Matthew“ mit Windgeschwindigkeiten bis zu 230 Kilometer pro Stunde im Nordwesten Haitis und sorgte für verheerende Zerstörungen. Nahrung, sauberes Wasser und Unterkünfte fehlten. Vor allem der Ernteverlust stellte ein weiteres kritisches Problem dar. Zuvor hatte die Bevölkerung Haitis mit großem Einsatz und enormen Aufwand Salinen zur Salzgewinnung aufgebaut. Aber die riesigen Schlamm- und Geröll-Lawinen überschütteten auch diese Anlage.
Der gemeinsame Wiederaufbau auf Haiti
Nach „Matthew“ kooperierte die Kindernothilfe schnellstmöglich mit ihrem Partner AMURT, denn der Fokus lag auf umgehenden Soforthilfe-Maßnahmen. Mit großem Einsatz befreiten Familien aus Anse Rouge und anderen Küstendörfern über Monate hinweg die Salinen von Schlamm und Geröll. Sie bauten neue Dämme, ergänzten weitere Verdunstungsbecken und errichteten ein modernes Hauptgebäude.
Heute, nach knapp zwei Jahren, merkt man der Ortschaft Magasin den großen Einsatz an, denn viele zerstörte Salinen sind wieder intakt. Da die Schlammlawinen damals zahlreiche Salzbecken überfluteten, wurden die Wände dieser Becken mit einer neuen Verkleidung verstärkt. Auch die beschädigte Pumpe der Verdunstungsbecken, die tagelang unter Wasser stand, erfüllt wieder ihre Aufgabe. Ein neu eingestellter Operator überwacht nun die Anlage, um weitere Pumpenausfälle sowie Verluste bei der Salzernte zu verhindern.
Die vielversprechende Zukunft der Saline
Bei unserem Besuch arbeiteten 600 Beschäftigte in der Saline. Sie erhalten ihren Lohn im Rahmen des sogenannten „Food for Work Programms“. In dem neu errichteten Haupthaus an der Einfahrt zu den Salinen treffen sich jetzt regelmäßig Vertreterinnen von Frauen-Selbsthilfegruppen. Hier werden bald etwa 3.250 Frauen aus den 160 Selbsthilfegruppen in Haiti für die Salzernte in den Kristallisationsbecken zuständig sein. Sie sind außerdem Teilhaberinnen an ESPRI S.A., einer Kooperative, die den Betrieb von unserem Partner AMURT übernehmen soll.
In den Kristallisationsbecken hatten sich, zur Freude der Salinen-Beschäftigten, bereits nach einigen Wochen unter der dünnen Schlammschicht am Beckenboden neue Salzkristalle gebildet. Sie wurden allerdings nicht sofort geerntet, sondern dienen als Stabilisation der Becken. Die erste richtige Ernte, die die Bewohner Haitis kaum erwarten können, ist für November vorgesehen. Seitlich der Salinenanlangen verhindern Schutzwälle in Zukunft Zerstörungen wie durch Hurrikan „Matthew“. Ebenfalls gegen Überflutungen aus dem Hinterland soll die Watershed Methode helfen. Dabei wird mit Auffangbecken und künstlich angelegten Wasserwegen gearbeitet.
„Fleur de Sel“: Haitis wertvoller Hoffnungsschimmer
Lukrative Zukunftsaussichten versprechen die feinen Salzkristalle in den flachen Becken, die von Hand abschöpfbar sind. Es handelt sich hierbei um das „Fleur de Sel“, die teuerste Form des Meersalzes. Sie gilt als besonders hochwertig. Unser Partner AMURT wird nun in der Hauptstadt abklären, welche Qualität und welchen Marktwert das Salz hat. Vielleicht ergibt sich daraus ja ein lohnendes Zusatzgeschäft.
Wir sind froh, dass ein normaler Alltag nun wieder aufgenommen werden kann, nachdem die größten Schäden behoben sind.