Peer Leaders: Jugendliche aus Durban zu Besuch

Der schwarze Van mit verspiegelten Scheiben macht den Eindruck, eine halbe Schulklasse könnte in ihm Platz finden. Letztendlich sind es fünf südafrikanische Jugendliche aus Durban, die sich allesamt als sogenannte Peer Leaders engagieren und sich mit Youth for Christ (YFC) Mitarbeiterin Sane und drei Mitarbeitern der Kindernothilfe auf den Weg nach Schleswig-Holstein machen. Dort treffen sie die Kindernothilfe AG des Alstergymnasiums in Henstedt-Ulzburg.

Text: Lilian Benecker

Peer Leaders zum ersten Mal außerhalb von Südafrika

Die Busfahrt entwickelt sich schnell zu einem kleinen Privatkonzert, die südafrikanischen Jugendlichen singen laut und fröhlich zu ihrer Lieblingsmusik. Obwohl sie erst zwei Tage zuvor in Deutschland gelandet sind und unglaubliche viele Eindrücke verarbeiten müssen, kommt keine Spur von Müdigkeit auf. Im Gegenteil: Begeistert berichten sie von der zurückgelegten Reise, dem abenteuerlichen Flug, ihren ersten Eindrücken von Deutschland. Während Reiseleiterin Sane bereits zum 11. Mal in Deutschland ist und mindestens genauso gerne Bratwurst isst wie jeder Einheimische, sind die Jugendlichen zum ersten Mal außerhalb von Südafrika. Die meisten von ihnen sind noch nie in ihrem Leben geflogen und hatten vor allem vor den Turbulenzen Angst.

Die Peer Leaders sitzen in einem Kleinbus
Die Reise haben sich die Peer Leaders hart erarbeitet – Foto: – Foto: Lilian Benecker

Die Reise haben sie sich hart erarbeitet: Zama, Nqobile, Magugu, Hayani und Zenzele engagieren sich an ihren jeweiligen Schule als sogenannte Peer Leaders, was bedeutet, dass sie ihren Mitschülerinnen und Mitschülern bei Problemen jeder Art zur Seite stehen, Ansprechpartner sind und versuchen, ihnen zu helfen. Die Peer Leaders werden von Change Agents betreut, welche von der Kindernothilfe Partnerorganisation YFC als Sozialarbeiter ausgebildet werden. Diese Change Agents besuchen einmal pro Woche die Schulen im Township von KwaZulu-Natal. Dort unterrichten sie die Schülerinnen und Schüler in „Life Skills – Fertigkeiten, die man zum Leben braucht“. Sie besprechen mit ihnen schwierige Themen wie HIV, Sexualität, Gleichberechtigung und problematische Familienbeziehungen.

Jugendliche stehen vor Graffiti: "Schule Global"
„Schule global“ – so heißt auch die internationale Jugendkonferenz, die die Peer Leaders mit der Kindernothilfe AG aus Deutschland zusammengebracht hat – Foto: Lilian Benecker

Auch die Reise nach Deutschland wurde von YFC in Kooperation mit der Kindernothilfe organisiert: Die Jugendlichen reisen knapp zwei Wochen quer durch das Land und besuchen unter anderem verschiedene Städte und Schulen, die Projekte von YFC und anderen Partnerorganisation der Kindernothilfe fördern und unterstützen. Außerdem nehmen sie mit anderen Kindern und Jugendlichen aus Kolumbien und Deutschland an der Internationalen Jugendkonferenz in Duisburg teil.

„Mein Vater ist unglaublich stolz auf mich“
Jugendliche sitzen im Restaurant am gedeckten Tisch
Bei Pizza und Pasta sind schnell alle anfänglichen Hemmschwellen überwunden – Foto: Lilian Benecker

„Vor allem in den vergangenen Monaten, bevor feststand, wer mitreisen darf, habe ich mich besonders angestrengt“, erzählt Zama, 14 Jahre alt. „Als mir mitgeteilt wurde, dass sie sich für mich entschieden haben, war ich so glücklich. Meine Familie war noch nie außerhalb von Afrika, und mein Vater ist unglaublich stolz auf mich. Er hat sogar vor Freude geweint.“ Der 15-jährige Hayani nickt zustimmend. „Ich mache bei den Peer Leaders mit, weil ich anderen ein Vorbild sein wollte. Es ist ein tolles Gefühl, wenn mein Engagement mit so einer tollen Möglichkeit belohnt wird.“

Nach der knapp sechsstündigen Fahrt erreicht die Reisegruppe gegen Abend Henstedt-Ulzburg, wo sie von Mitgliedern der Kindernothilfe AG des Alstergymnasiums mit strahlendem Lächeln und selbst gemalten Plakaten empfangen wird. „Sawubona Siyakwamukelo“ steht auf dem bunten Schild, „Herzlich willkommen“. Die anfängliche Gehemmtheit verfliegt während des gemeinsamen Abendessens bei Pizza und Pasta wie von selbst. Die Jugendlichen unterhalten sich angeregt über ihre Länder und  Sitten, die Schule, Hobbys und vieles mehr.

Am nächsten Tag geht es bereits am frühen Morgen zum Alstergymnasium. Hier halten die Südafrikaner gegen Mittag vor knapp 200 Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 8 und 9 einen Vortrag über ihre Schulsituation und das Engagement als Peer Leaders. Zuvor gibt es erstmal ein gemeinsames Frühstück inklusive Franzbrötchen in der Schulmensa und eine Führung durch die Schule.

Die Kindernothilfe AG hat seit 2013 10.500 Euro Spenden gesammelt

Im Anschluss berichten zwei Leiterinnen der Kindernothilfe AG, Hannah und Ana, in einer Präsentation von ihrem unermüdlichen Einsatz für die Kindernothilfe. Die AG existiert bereits seit 2013, hat seit der Gründung bereits mehr als 10.500 Euro Spenden für Projekte der Kindernothilfe gesammelt und wird mittlerweile von der dritten Generation Leiterinnen organisiert. Knapp 60 Schülerinnen und Schüler engagieren sich ehrenamtlich, und es werden stetig mehr. Im eigenen Kindernothilfe-Kiosk „Punkt“ verkaufen die Mitglieder  selbst gebackene Muffins und Kuchen, die Spenden fließen in das YFC-Projekt nach Durban. Zudem sammelt die AG zweimal im Jahr von jedem Schüler und jeder Schülerin des Alstergymnasiums eine freiwillige Spende von 60 Cent zugunsten der Projektpatenschaften in Bolivien, Afghanistan und den Philippinen ein.

 

Jugendliche stehen am Kiosk
Muffinverkauf trotz Hamburger Wetter – Foto: Lilian Benecker

Nach dem Rundgang durch das Schulgebäude findet der Vortrag der südafrikanischen Mädchen und Jungen statt. Die Gruppe ist aufgeregt, normalerweise sprechen sie nicht vor so einem großen Publikum, noch dazu auf Englisch. Nachdem die Jahrgänge 8 und 9 in der Aula eingetroffen sind, begrüßt Zenzele die Schülerinnen und Schüler mit einer kleinen Showeinlage. Er singt, tanzt und motiviert den ganzen Saal, mitzumachen. Im Anschluss stellt sich die Gruppe kurz vor und zeigt einen Kurzfilm, der nähere Einblicke in ihren Schulalltag, Wohnort und ihre Arbeit gibt.

Danach erzählt Zama von den Aufgaben, die Peer Leaders bewältigen, und von den Problemen, die diese an ihren Schulen bezwingen müssen. Zama berichtet von schwangeren Teenagern, extremer Armut und Familienproblemen.  Sie erklärt, wie sie durch Spendenkampagnen und ein offenes Ohr schon vielen Mitschülern helfen konnte. Gebannt lauschen die deutschen Mädchen und Jungen den Berichten vom Schulalltag in den Townships von Durban. Die Probleme, mit denen sie sich täglich rumschlagen, scheinen damit verglichen meist Kleinigkeiten zu sein. Anschließend werden noch Fragen beantwortet und sogar ein bisschen Zulu gelernt.

Sightseeing in der Speicherstadt
Jugendliche sitzen auf einer Fähre
Jetzt ist Sightseeing angesagt – Foto: Lilian Benecker

Gegen Mittag geht die Reise weiter zum Sightseeing nach Hamburg. Nach kurzer Verschnaufpause und Lunch im Burger-Restaurant besichtigt die Gruppe die wunderschöne Speicherstadt, die Elbphilharmonie und den Hamburger Hafen. Besonders von der Fahrt mit der Fähre sind die ausländischen Gäste begeistert. Der Tag endet mit einer Übernachtung in ihrer jeweiligen Gastfamilie. Dort haben sie die Möglichkeit, die deutschen Austauschschüler und ihre Familien näher kennenzulernen.

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Autor: Kindernothilfe e.V.

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